Ein Ehevertrag regelt, was passiert, wenn sich Eheleute trennen und sich nicht allein auf geltendes Recht berufen wollen. Aber wann ist er wirklich sinnvoll und wann kannst du darauf verzichten? In diesem Artikel erläutern wir all dies und mehr rund um den Ehevertrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Ehevertrag kann Güterstand, Unterhaltsansprüche und Versorgungsausgleich individuell regeln.
- Er unterliegt dennoch geltendem Recht und muss notariell beglaubigt werden.
- Der Vertrag kann zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen werden.
- Wird ein Vertragspartner deutlich benachteiligt, kann der gesamte Vertrag oder Teile davon unwirksam sein.
- Sinnvoll ist er z.B. für Unternehmer, unterschiedlich Vermögende, kinderlose Erwerbstätige, bei unterschiedlichen Nationalitäten und Eheleuten, die in höherem Alter heiraten.
- Wer gemeinsame Kinder hat, fährt mit geltendem Recht meist besser und gerechter.
Diese Regelungen kann ein Ehevertrag enthalten
Bevor wir dazu kommen, wer unbedingt einen Ehevertrag abschließen sollte, ist es wichtig zu klären, was ein solcher Vertrag enthalten kann. Normalerweise findet man im Ehevertrag Klauseln zu mindestens einem der folgenden Dinge:
Güterstand
Es wird festgelegt, ob die Ehe in Form von Gütertrennung, Gütergemeinschaft oder Zugewinngemeinschaft geführt wird. Ohne Vertrag werden Ehen und eheähnliche Gemeinschaften nach 5 Jahren automatisch als Zugewinngemeinschaft eingestuft. Außerdem wird manchmal der Zugewinnausgleich bei Scheidung komplett ausgeschlossen. Diese Regelung wird vom Familiengericht immer geprüft und kann nichtig sein, wenn sie den anderen Ehepartner stark benachteiligt.
Unterhaltsanspruch
Auch der Anspruch auf Unterhalt kann festgelegt werden. Es gibt drei Formen von Unterhalt, die unterschiedlich gehandhabt werden:
- Kindesunterhalt
Der Kindesunterhalt kann zwar größer oder gleich dem Mindestunterhalt festgelegt werden, gestrichen werden kann er jedoch nicht. - Trennungsunterhalt
Ein Verzicht ist wie auch beim Kindesunterhalt nicht möglich. Die Höhe kann aber festgelegt werden. - Nachehelicher Unterhalt
Ein Verzicht ist hier möglich. Das Gericht wird aber prüfen, ob der Partner durch diese Klausel zu stark benachteiligt wird und sie gegebenenfalls als nichtig erklären.
Versorgungsausgleich
Beim Versorgungsausgleich handelt es sich um die gleichmäßige Verteilung der Rentenansprüche, die in der Zeit der Ehe erworben wurden. Im Vertrag kann dieser ausgeschlossen werden. Ob die jeweilige Klausel jedoch gültig ist oder einen Partner zu sehr benachteiligt, wird das Familiengericht bei der Scheidung prüfen.
Geltendes Recht bei binationalen Ehen
Wenn zwei Partner unterschiedlicher Staatsbürgerschaft heiraten, kann im Vertrag festgelegt werden, welches Recht bei Scheidung gelten soll.
Für wen ein Ehevertrag sinnvoll ist
Ein Ehevertrag hat viele Vorteile, jedoch lohnt er sich für bestimmte Personengruppen besonders. Diese stellen wir im Folgenden kurz vor.
Unterschiedlich Vermögende und Erben
Wenn zwischen den Ehepartnern ein großer Unterschied darin besteht, mit wie viel Vermögen sie in die Ehe gehen, ist ein Ehevertrag eine sinnvolle Sache (für den Vermögenden). Denn vor allem, wenn es sich bei diesem Vermögen um Dinge geht, die im Wert steigen, wie z.B. Aktienpakete, Immobilien oder Ähnliches, kann der Ehevertrag davor schützen, dass diese später veräußert werden müssen, um die Ansprüche des Ex-Partners zu erfüllen.
Auch wenn die meisten Ehen als Zugewinngemeinschaft funktionieren, es also nur um das Vermögen geht, dass während der Ehe hinzukam, kann das ohne Ehevertrag ganz schön ins Geld gehen. Dasselbe gilt auch für Erben. Auch wenn das Erbe selbst nur dem Erbenden gehört, ist jedes Einkommen daraus (z.B. Zinsen oder Mieteinnahmen) ein Zugewinn.
Selbstständige, Unternehmer und Gründer
Wer eine Firma aufbaut oder bereits aufgebaut hat, kann sich mit einem Ehevertrag davor schützen, dass sich der Partner bei der Scheidung in das Unternehmen einkauft, weil er Firmenanteile zugesprochen bekommt. Bei einer normalen Scheidung bekäme der Ex-Partner die Hälfte der Firmenanteile… ein Grund dafür, vorher alles vertraglich zu regeln.
Doppelverdiener ohne Kinder
Wenn sich Partner, die beide fest im Leben stehen und keine Kinder haben, gütlich ohne finanzielle Ansprüche trennen wollen, ist ein Ehevertrag auch noch kurz vor der Scheidung sinnvoll. Denn durch entsprechende Regelungen könnt ihr verhindern, dass sich der Scheidungsprozess ewig hinzieht und gegenseitige Unterhalts- und Rentenansprüche aufwändig berechnet werden müssen.
Verschuldete
Schulden, die vor der Ehe schon bestanden, müssen nach der Scheidung nicht vom anderen Partner mitgetragen werden. ABER: wenn es um den Versorgungsausgleich geht, können die Schulden dazu führen, dass der eine Partner den anderen finanzieren muss. Auch wenn der Unverschuldete ihm geholfen hat, seine Schulden mithilfe eigenen Vermögens zu tilgen, sieht er dieses Geld im Normalfall ohne Vertrag nicht wieder.
In fortgeschrittenem Alter
Wer schon ein Leben hinter sich hat, bringt meist einiges an Vermögen verschiedenster Art mit in die Ehe. Gerade bei Immobilienbesitzern ist es hier sinnvoll, schon vor der Ehe festzulegen, wie damit bei einer Scheidung verfahren werden soll. Denn sonst kann es zum Beispiel passieren, dass der Immobilienbesitzer verkaufen muss, weil die Immobilie so an Wert gewonnen hat, dass er den hälftigen Zugewinn nicht auszahlen kann.
Binationale Ehen
Wer einen Menschen aus einem anderen Land (vor allem aus dem nichteuropäischen Ausland) heiratet, sollte sich absichern. Denn gar nicht so selten muss sogar das deutsche Gericht, das im anderen Land geltende Recht anwenden. Für eine leichtere Scheidung hilft es zumindest, wenn im Ehevertrag festgehalten wird, welches Recht Anwendung finden soll. Aber auch Regelungen zum Versorgungsausgleich sind sinnvoll.
Vor- und Nachteile eines Ehevertrags
Ja, ein Ehevertrag ist ziemlich unromantisch und hat mit Liebe nicht viel zu tun. Deshalb schließen ihn auch nur Wenige ab. Welche Vorteile er bietet und welche Nachteile sich dennoch daraus ergeben können, findest du in diesem Abschnitt.
Vorteile
Der größte Vorteil eines Ehevertrags ist, dass er, sofern er keine unwirksamen Klauseln enthält, eine mögliche Scheidung kürzer und schmerzloser vonstattengehen lässt. Denn er regelt Bereiche, in denen es sonst zu viel Streit kommt.
Etwa 40% der Eheleute lassen sich nach durchschnittlich 15 Jahren wieder scheiden. Also lohnt sich die Überlegung allemal, auch wenn ihr jetzt noch frisch verliebt seid.
Wenn ihr zu einer der oben genannten Kategorien gehört, kann ein Ehevertrag verhindern, dass Besitztümer wie zum Beispiel Immobilien oder gar Firmen verkauft werden müssen, damit der Partner ausgezahlt werden kann. Auch Unterhaltsansprüche oder Versorgungsausgleich lassen sich einfacher regeln, solange die Regelungen nicht sittenwidrig sind (siehe weiter unten).
Nachteile
Nachteile bietet ein Ehevertrag vor allem dann, wenn einer der beiden Vertragspartner die Tragweite der Regelungen bei Abschluss gar nicht erkannt hat und dadurch benachteiligt wird. Denn allzu oft sind die Klauseln umständlich formuliert. Hier hilft es, sich vor dem Unterzeichnen von einem Anwalt beraten zu lassen. Auch wenn sich die Gegebenheiten während der Ehe ändern und der Vertrag nicht angepasst wird, kann das von Nachteil sein.
Laut Rechtsanwälten ist das aktuell geltende Scheidungsrecht nicht mehr zeitgemäß. Denn es ist darauf ausgerichtet, dass zwei Partner aus derselben Schicht jung heiraten, der Mann arbeiten geht, die Frau die gemeinsamen Kinder großzieht und den Haushalt führt. Ganz so schlimm ist das geltende Recht jedoch nicht. Natürlich werden Partner, die für die Ehe auf vieles verzichtet haben, bei einer Scheidung davor geschützt, aufgrund der Ehe zu verarmen, vor allem wenn es Kinder gibt, und das ist auch gut so. Das gilt aber auch für den anderen Partner.
Generell gilt: Alle die in keine der oben im Artikel genannten Kategorien fallen, können auch ohne Ehevertrag faire Scheidungsurteile erwarten. Es dauert dann eben länger und ist möglicherweise mit mehr Streit verbunden als mit Vertrag.
Kosten sind Ansichtssache
Ob die entstehenden Kosten für einen Ehevertrag ein Vor- oder ein Nachteil sind, lässt sich nicht eindeutig sagen, sondern dies hängt vor allem davon ab, wie einvernehmlich sich die Eheleute tatsächlich trennen. Denn ein Rosenkrieg kann hohe Kosten verursachen, abhängig davon wie lang sich die Streitigkeiten hinziehen und wie viel Unterhalt etc. später fällig wird.
Anwaltskosten für den Ehevertrag können sich abhängig von Gebührentabelle und dem Vermögenswert auf ein paar tausend Euro pro Anwalt belaufen. Wichtig für die Berechnung ist außerdem ein Faktor, der davon abhängt, wie kompliziert der Vertrag ist.
Notarkosten sind deutlich bescheidener. Sie hängen ebenfalls vom Vermögenswert und einem Faktor ab und betragen normalerweise ein paar hundert Euro.
So wird ein Ehevertrag aufgesetzt
Einen Ehevertrag könnt ihr mit oder ohne die Hilfe eines Rechtsanwaltes aufsetzen. Vorlagen findet man sogar im Internet. Diese sollten jedoch immer individuell angepasst werden und geltendes Recht beachten. Wer also ganz genau weiß, was er regeln will, kann dies allein tun. Wer nicht ganz sicher ist, lässt sich besser beraten. Damit niemand benachteiligt wird, kann es von Vorteil sein, wenn sich jeder Ehepartner einen eigenen Anwalt nimmt.
Sinnvoll aber nicht zwingend notwendig ist, dass der Vertrag die Form wahrt, also zum Beispiel Vertragsparteien benannt sind, ein Datum enthalten ist, die einzelnen Willenserklärungen in Absätzen unterteilt und konkret benannt sind etc. Auch die Unterschriften beider Vertragspartner dürfen nicht fehlen.
In der Regel muss ein Notar den fertigen Vertrag notariell beglaubigen. Nimmst du die Hilfe eines Rechtsanwaltes in Anspruch, darf dieser nicht gleichzeitig als Notar dafür fungieren, sondern der Notar muss unabhängig sein. Dieser liest den Vertrag laut vor und belehrt die Vertragspartner zu den Folgen der einzelnen Regelungen.
Die drei Arten von Eheverträgen
Der Vertrag kann vor der Ehe, zu jedem Zeitpunkt in der Ehe und sogar kurz vor der Scheidung zustande kommen. Da er dann jeweils aus unterschiedlichen Motivationen abgeschlossen wird, gibt es dafür je eine unterschiedliche Bezeichnung.
- Vorsorgender Ehevertrag
Abschluss in glücklichen Zeiten kurz vor oder nach der Eheschließung - Trennungsvereinbarung
In Krisenzeiten, wenn nicht sicher ist, ob die Eheleute sich trennen - Scheidungsfolgenvereinbarung
Wenn klar ist, dass die Scheidung ansteht, um das Prozedere so kurz wie möglich zu halten
Die salvatorische Klausel nutzen
Die salvatorische Klausel kann davor schützen, dass der gesamte Vertrag nichtig ist, wenn nur eine Klausel nicht greift. Jedoch ist auch sie kein Garant dafür, dass der Vertrag nicht als sittenwidrig eingestuft wird und damit hinfällig ist. Natürlich lässt sich auch jede Klausel einzeln mit einem solchen Passus versehen, aber auch dies schützt nicht immer davor, dass der Vertrag als unwirksam erklärt wird.
Wann ein Ehevertrag sittenwidrig ist
Es gibt mehrere Fälle, in denen ein Ehevertrag oder Teile daraus als sittenwidrig eingestuft werden kann, z.B. wenn
1. einer der Vertragspartner in seiner Entscheidung beeinträchtigt ist, weil er zum Beispiel vom Ehepartner abhängig ist, bedroht oder erpresst wurde oder aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen oder Behinderung nicht genug verstanden hat.
2. auf Dinge wie Versorgungsausgleich oder Unterhaltsansprüche verzichtet wurde oder diese zu gering angesetzt wurden, obwohl eine Bedürftigkeit vorliegt und dadurch einer der Vertragspartner grob benachteiligt wird. Ein Beispiel liefert der Focus.
3. Regelungen gegen geltendes Recht verstoßen.
Wird der ganze Vertrag als sittenwidrig erkannt, ist er unwirksam und es gilt das aktuelle Recht. Sind nur einige Klauseln unwirksam, kann es sein, dass andere dennoch Anwendung finden oder das Gericht den ganzen Vertrag kippt.
Hast ihr einen Ehevertrag oder kommt das für die nicht in Frage? Hast du Anmerkungen oder Fragen dazu? Schreib uns gern einen Kommentar!
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