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Bettnässen bei Kindern: Ursachen, Behandlung & die nächsten Schritte

Bettnässen / Einnässen: Mein Kind ist noch nicht trocken

Bettnässen bei Schulkindern ist nicht nur für die Kinder selbst äußerst unangenehm, – schließlich wollen sie doch groß sein -, auch die Nerven der Eltern leiden unter der „Enuresis“. Je älter das Kind wird, desto mehr belastet die schwierige Situation die kindliche Psyche und oft auch das Verhältnis zu den Eltern. Wir erklären mögliche Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

Auch nachts trocken zu sein, wird immer noch (und ziemlich zu Unrecht) als Zeichen für eine gelungene Erziehung gewertet. Dabei ist es nur einer von vielen Schritten auf dem Weg in die Unabhängigkeit des Kindes. 

In diesem Artikel erklären wir mögliche Gründe für das Bettnässen und nennen Lösungsansätze, die dir und deinem Kind hoffentlich weiterhelfen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bis zum Beginn des 6. Lebensjahres gehört Bettnässen zur Entwicklung dazu.
    In anderen Worten: ab dem 5. Geburtstag gilt Enuresis nocturna als behandlungsbedürftige „Krankheit“.
  • Mit dem Schulstart nässen noch 15 Prozent der 6-jährigen Kinder in der Nacht ein – manche jede Nacht, andere nur ein paar Mal im Monat.
  • Oft liegen mehrere Gründe gleichzeitig vor: Entwicklungsverzögerung, ungünstiges Trinkverhalten, schwere Weckbarkeit und mitunter ein niedriger ADH-Spiegel.
  • Bettnässen ist meist sehr gut behandelbar.
  • Spontanheilungen sind möglich.

Ab welchem Alter spricht man von Bettnässen?

Erst ab einem Alter von 5 Jahren spricht man von Bettnässen, genauer von Enuresis nocturna

Meist wird Bettnässen bei Kindern kurz „Enuresis“ genannt. Einnässen am Tag heißt ab einem Alter von 3 Jahren zwar „Enuresis diurna“, aber diese Form des Einnässens wird eher als Harninkontinenz bezeichnet. Sie ist deutlich seltener. 

Von Bettnässen – also einer Enuresis nocturna – spricht man, wenn:

  • das Kind seinen 5. Geburtstag schon hinter sich hat, 
  • es mindestens zweimal im Monat einnässt,
  • dieser Zustand mindestens 3 Monate lang anhält und
  • sich vorerst keine organische bzw. andere medizinische Ursache feststellen lässt.

Eine Enuresis kann primär oder sekundär sein. Primär bedeutet, dass das Kind noch nie ganz trocken war. Eine sekundäre Enuresis liegt vor, wenn das Kind schon mindestens 6 Monate lang trocken war und erst später wieder mit dem Einnässen anfing. Diese Unterscheidung ist wichtig, um die Ursache schnell herausfinden zu können.

Vorher musst du dir also noch keine Sorgen machen. Eventuell ist dein Kind noch nicht so weit. Das heißt, die Kommunikation zwischen Blase und Gehirn muss sich noch fertig entwickeln. 

Wenn ein Kind jedoch bereits 5 Jahre alt ist und noch immer ins Bett nässt, ist der Kinderarzt der erste Ansprechpartner. Tags und nachts einnässende Kinder sollten schon mit 3 Jahren vorgestellt werden. 

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Aber keine Sorge, dein Kind ist damit nicht allein:

Wie viele Kinder nässen nachts (noch) ein?

Enuresis nocturna, also Bettnässen, betrifft laut Statistik ganze 15 Prozent der 5- und 6-jährigen Schulanfänger. Bei 7-jährigen Kindern liegt die Rate noch bei 5 bis 7 Prozent. Bei 15-jährigen Teenagern passiert es immerhin noch 1 Prozent der Jugendlichen.

Kinder erreichen die vollständige Blasenkontrolle im Schnitt mit 33 Monaten, also kurz vor ihrem dritten Geburtstag. Dennoch nässen bis zu einem Drittel der 4-jährigen Kinder nachts noch ein. Jungen sind in diesem Alter etwa doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Später gleicht sich das Verhältnis aus.

Bettnässen nach 5, 6 oder mehr Lebensjahren: Das kannst du tun

  • Ein Blasentagebuch führen
  • Mit dem Kinderarzt sprechen und in die Kinderurologie überweisen lassen
  • Mithilfe der Spezialisten die Ursache(n) herausfinden
  • Therapien in Betracht ziehen
  • Das Kind auf seinem Weg unterstützen, aber nicht drängen
  • Das Selbstbewusstsein des Kindes durch gemeinsame schöne Freizeitgestaltung stärken
  • Dich darauf konzentrieren, was das Kind schon kann
  • Immer zum Kind stehen
  • Sich selbst wieder mehr Gutes tun, das stärkt die Nerven!

Mögliche Ursachen des Bettnässens bei Kindern und Jugendlichen

Wenn Schulkinder und Jugendliche noch ins Bett nässen, gibt es selten nur eine Ursache. Vor allem beim primären Bettnässen (Kind war noch nie nachts trocken) kommen häufig gleich mehrere Faktoren zusammen wie zum Beispiel:

  • ungünstiges Trinkverhalten,
  • eine Reifungsverzögerung,
  • schlechte Weckbarkeit und manchmal
  • ein niedriger ADH-Spiegel (anti-diuretisches Hormon).

Beim sekundären Bettnässen, also wenn das Kind schon länger nachts trocken war, sind dagegen eher emotionale Belastungen (und manchmal Infektionen) der Grund dafür, dass es wieder ins Bett macht. 

Auf die häufigsten Faktoren, warum es Kinder nachts nicht auf die Toilette schaffen, gehen wir nun genauer ein.

Ungünstiges Trinkverhalten

Trinkt dein Kind tagsüber genug? Falls nein, kann das eine der Ursachen für das Bettnässen sein. Viele Kinder sind in Kita oder Schule so abgelenkt, dass sie ihren Durst nicht spüren. Die fehlende Flüssigkeit holen sie dann zu Hause, oft am späteren Nachmittag oder gar abends nach. Diese Menge an Harn schafft die Blase nachts nicht zu halten. Wenn dein Kind dann wegen des großen Harndrangs nicht wach wird, ist das Bett nass, ganz logisch. Aber warum wird es nicht wach? Dazu gleich mehr.

Zu wenig Flüssigkeit ist übrigens auch ein Grund für Verstopfung (Obstipation). 30 Prozent der nachts einnässenden kleinen Patienten haben keinen regelmäßigen Stuhlgang.

Schlechte Weckbarkeit

Manche Kinder haben einen leichten Schlaf, andere wachen selbst beim größten Lärm nicht richtig auf, obwohl sie nicht tiefer schlafen als andere. Wenn du bei deinem Kind bemerkt hast, dass du es nur schwer wecken kannst, könnte das ein weiterer Faktor dafür sein, dass die volle Harnblase es nicht weckt. Dann geht der Harn in Hose, Windel oder Bett. Aber warum meldet sich die Blase nicht laut genug? Darum geht es jetzt:

Reifungsverzögerung 

Bei Kindern, die nachts noch nie trocken waren, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit (unter anderem) eine Reifungsverzögerung vor. Normalerweise wird angenommen, dass ein Kind mit spätestens 5 Jahren die vollständige Blasenkontrolle erlangt hat. Alle beteiligten Sensoren, Muskeln, Nervenbahnen und Verschaltungen im Gehirn sind in diesem Alter meist vollständig entwickelt. Aber eben nicht immer. Vor allem Kinder, die sehr häufig oder sogar immer nachts einnässen, sind davon betroffen. 

Bei der Reifungsverzögerung handelt es sich nicht um eine Krankheit, sondern einen Zustand, der sich mit der Zeit bessert. Es dauert nur eben einige Monate bis Jahre länger, bis die kindliche Entwicklung nachgezogen hat. Bis dahin merkt das Kind die Reize der sich füllenden Blase nur schlecht. Was am Tage dann noch einigermaßen funktioniert, weil wir im wachen Zustand unseren Körper bewusster spüren, klappt in der Nacht nicht mehr.

Aber warum mein Kind? Zum einen gibt es eine genetische Veranlagung für die verzögerte Reifung und das Bettnässen. In der Familie könnte es also ähnlich Fälle geben. Zum anderen produzieren viele bettnässende Kinder weniger von einem bestimmten Hormon (ADH oder Vasopressin genannt), das normalerweise die Urinproduktion nachts senkt.

So oder so, reicht das Signal der prall gefüllten Blase nicht aus, um das Kind zu wecken. Oft weisen betroffene Kinder auch in anderen Bereichen wie z.B. der Feinmotorik oder der sprachlichen Entwicklung entwicklungsbedingte Defizite auf. Auch ADHS oder Autismus können Gründe für das nächtliche Einnässen sein.

Psyche

Wenn dein Kind bereits nachts trocken war, kann das erneute Bettnässen an einer akuten oder vorangegangenen Infektion liegen. Häufig sind betroffene Kinder jedoch auch emotional gerade sehr gefordert. 

Sei es, weil sie wegen eines neuen Lebensabschnitts extrem aufgeregt sind – der Schulstart wäre ein solches Beispiel. Aber auch familiäre Probleme, Einsamkeit und Ausgrenzung, Mobbing, Missbrauch oder Ähnliches können das Bettnässen bei Kindern und Jugendlichen begünstigen.  

Ist dir bereits aufgefallen, dass es bei deinem bettnässenden Kind einen Zusammenhang zwischen den Erlebnissen des Tages und dem Einnässen geben könnte? Es lohnt sich, dort genauer nachzuhaken. Denn oft bestätigt sich die Vermutung.

Die Blase ist ein sehr sensibles Organ. Und selbst wenn ein Kind sie eigentlich schon kontrollieren kann, können Einflüsse von außen immer wieder dazu führen, dass das komplexe Zusammenspiel aller beteiligten Körperfunktionen aus dem Gleichgewicht gerät. Sowohl Kinder, die noch nie trocken waren als auch solche, die es schon einmal über einen längeren Zeitraum geschafft hatten, können davon betroffen sein.

Behandlung von Bettnässen

Trinkverhalten optimieren

Wenn dein Kind tagsüber zu wenig trinkt und abends alles nachholt (wenn überhaupt), muss die Blase nachts Urin bilden, um die Flüssigkeit mitsamt der Filterprodukte wieder loszuwerden. Günstiger wäre, wenn dein Kind

  • vormittags 40 Prozent,
  • nachmittags 40 Prozent und 
  • abends 20 Prozent 

seiner Tagesration tränke. Wasser eignet sich am besten. 

Hier findest du die ideale Gesamttrinkmenge abhängig vom Lebensjahr. Es ist mehr als viele Eltern glauben. Ein 6 Jahre altes Kind sollte beispielsweise an einem normalen Tag 940 Milliliter Flüssigkeiten (am besten Wasser) über die Tagesstunden verteilt trinken. Das würde nach der Rechnung oben bedeuten: je 376 ml vormittags und nachmittags und abends nur noch 188 ml, am besten zum Abendessen dazu. Direkt vor dem Schlafengehen dann nichts mehr. 

Ärzte raten dazu, dem Kind zu den 5 Mahlzeiten jeweils ein großes Glas Wasser zu reichen. In der Schule oder Kita kannst du eine Trinkflasche verwenden, um die getrunkene Menge abschätzen zu können. Wenn ihr mit Markierungen arbeitet, weiß auch dein Kind, wie viel es zu den besprochenen Zeiten schaffen soll. Trotzdem fällt es vielen Kindern nicht leicht, ihr Verhalten anzupassen. Aber keine Sorge, das Trinkverhalten wird auch im Rahmen von Einnässtherapien geschult. 

Zur selben Uhrzeit wecken

Hast du herausgefunden, dass dein Kind in etwa zur selben Uhrzeit in der Nacht einnässt? Dann könnte es helfen, wenn du es zu einer festen Uhrzeit weckst und mit ihm zum Wasserlassen zur Toilette gehst. Die Blase gewöhnt sich daran und nach einer Weile wacht dein Kind von allein um diese Zeit auf, bevor es zu spät ist. Einen Versuch ist es wert, denn dazu braucht es außer einem Wecker keine Hilfsmittel. Diese Methode soll jedoch keine langfristigen Erfolge bringen.

Unser Tipp: Nässt dein Kind häufig nachts ein, probiert es mit Windelhöschen oder Trainingshöschen. Denn je entspannter du die Sache angehst, weil du nicht immer zu an die Wäscheberge denkst, desto größer sind die Erfolgschancen. Mit Druck von deiner Seite erreichst du unter Umständen das genaue Gegenteil. Auch sollte dein Kind nicht in seiner Urinlache auskühlen müssen. Die Matratze könnt ihr zusätzlich mit einer Gummimatte schützen. Morgens hilft eine Dusche gegen Uringeruch am Tag.

Alarmtherapie

In einer Spezialpraxis wird man versuchen, das Aufwachen mit einer Alarmtherapie zu unterstützen. Sie gehört zu den Verhaltenstherapien. Hilfsmittel können beispielsweise eine Klingelhose oder eine Klingelmatte sein. Beide reagieren auf kleinste Tropfen mit einem lauten Warnton. Die Idee: das Kind wird nur geweckt, wenn es tatsächlich “muss”. Allerdings sind dann auch alle anderen wach. Damit die Therapie zum Erfolg führt, müsst ihr als Eltern und euer Kind gut von einem Spezialisten aufgeklärt werden. Deshalb würden wir von einem Heimgebrauch ohne Verschreibung abraten.

Medikamente

Verschreibungspflichtige Medikamente mit Desmopressin (synthetisches Vasopressin bzw. ADH) wirken auf die Nieren ein und sorgen dafür, dass weniger Urin ausgeschieden wird. Das gängigste Medikament für bettnässende Kinder ist ein Nasenspray, das vor dem Zubettgehen zum Einsatz kommt. 

Allerdings ist es wegen der vielfältigen Aufgaben des Hormons ADH im Körper und möglicher Nebenwirkungen nur zur kurzfristigen Behandlung gedacht. Aber für einen Übernachtungsbesuch oder eine Klassenfahrt ohne Zwischenfälle eignet es sich bei den meisten betroffenen Kindern. 

Belastungstagebuch

Ein guter Ansatz ist, über einen Monat lang einen Kalender – ein sogenanntes Belastungstagebuch – zu führen. Es unterscheidet sich vom Blasentagebuch, das Ärzte brauchen, um die Art der Enuresis abschätzen zu können. 

Im Belastungstagebuch nennt ihr kurz die Ereignisse des Tages. Außerdem kann dein Kind den jeweiligen Tag als „schön“, „normal“ oder „doof“ bewerten. Zusätzlich wird festgehalten, ob dein Kind nachts eingenässt hat oder nicht. 

Schon nach einigen Wochen wirst du erkennen, welche Ereignisse dazu führen, dass die Blase nachts überläuft und wann das Trockenbleiben besonders gut klappt. Meist handelt es sich um belastende Ereignisse oder Erlebnisse, die von uns Eltern manchmal gar nicht als solche erkannt wurden. Daher ist es besser, mit dem Kind zusammen die Tage auszuwerten und genau nachzufragen. Wenn es dir dann gelingt, Lösungen zu finden, die zu weniger Belastung führen oder „schlechte“ Tage durch schöne Abende wenigstens in „normale“ Tage umzuwandeln, werden die Erfolgserlebnisse mit der Zeit immer mehr werden.

Beispiel eines Belastungstagebuchs (Einnässkalender):

TagBewertung des TagesWas war so los?Wie war die Nacht?
1nicht gutStreit mit Clara, ausgeschimpft von Erzieherin, "alles blöd"nass
2normalNichts Besonderes passierttrocken
3normalAusflug mit dem Kindergarten, hat geregnetnass
4nicht gutHektischer Tag, Papa auf Dienstreise, Sandmännchen verpasst, viel geschimpftnass
5schönPapa ist wieder da, mit ihm baden gewesentrocken
6schönIm Zoo gewesen, Eis gegessen, mit Mama im Bett gekuschelttrocken
............

Fazit

Wenn Kinder auch jenseits des 5. Geburtstages noch oder wieder nachts einnässen, ist das bei allem guten Willen seitens der Eltern oft schwer zu ertragen. Zu sehr lastet die eigene Erwartungshaltung und die Sorge vor Ausgrenzung des Kindes auf ihren Schultern. Je länger es dauert, desto größer wird die Frustration und der Druck aufs Kind steigt. Ganz leicht geraten Eltern und Kind so in einen Teufelskreis, der sich manchmal nur mithilfe von außen wieder aufbrechen lässt. 

Deshalb ist es wichtig, organische Ursachen auszuschließen und bestenfalls noch vor der Schulzeit eine passende Therapie zu beginnen. Je mehr dein Kind wieder in seine eigenen Fähigkeiten vertrauen lernt, desto weniger wird das Bettnässen werden. Du als Mama oder Papa kannst es dabei liebevoll begleiten.

Haben du weitere Fragen zum Bettnässen? Schreib uns einen Kommentar!

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Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 04.10.2022
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Anke Modeß

Als waschechte Berlinerin und späte Mutter eines Schulkindes schreibt Anke seit 7 Jahren über Themen, die Babyeltern im Alltag beschäftigen - am allerliebsten mit einer Prise Humor.

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